„Aged Cigars“: Werden Zigarren durch lange Lagerung wirklich besser?

Das Nachreifen von bereits gekauften Zigarren, das sogenannte „Aging“, sorgt unter Zigarrenfreunden oftmals für Diskussionen. Befürworter schwören auf das verbesserte Aroma von „aged cigars“, Gegensprecher halten das zusätzliche Nachreifen für unnötig, denn die Zigarren werden für gewöhnlich erst dann verkauft, wenn sie bereits eine Reifung hinter sich haben. Wir klären auf, was es mit dem Aging auf sich hat, wann es Sinn macht und was dabei zu beachten ist.

Aging von Zigarren: Was steckt dahinter? Wie funktioniert‘s?

aged tabak

 

Aficionados, die ihre Zigarren gern „aged“ mögen, gehen davon aus, dass eine lange Lagerung unter speziellen klimatischen Bedingungen dem Aroma der guten Stumpen besonders zuträglich ist. Dies fußt auf der Tatsache, dass in Zigarren als Naturprodukte bestimmte chemische Stoffe enthalten sind (beispielsweise Stärke, Zucker, Eiweiß oder Ammoniak), die sich durch Reifeprozesse verändern oder abgebaut werden. Vor allem bei kubanischen Zigarren ist das sogenannte „Aging“ sehr beliebt, da diesen meist kräftigen Zigarren ein hohes Reifepotential nachgesagt wird. Ein bekannter Verfechter von „aged Cigars“ ist der Sammler Min Ron Nee, der zwischen folgenden vier Phasen der Reifung differenziert.

  1. Sick period: Hier wird der Ammoniak abgebaut. Dauer: Zwischen einigen Monaten bis zu zwei Jahren.
  2. Erste Reifung: Prozess der Fermentation, unterscheidet sich je nach Zigarrensorte und nach der Art der Verpackung in der Kiste, Dauer: Nach 2 bis zu 15 Jahren.
  3. Zweite Reifung: Das Tannin wird abgebaut und die Abbauprodukte reagieren mit den Aromen, die durch die Fermentation entstehen. Dauer 15 bis 25 Jahren.
  4. Dritte Reifung: Umfassende chemische Reaktionen, als Resultat bilden sich intensive und komplexe Aromen. Dauer: Nach über 20 Jahren.

Schaut man sich die von Min Ron Nee angesetzte Dauer des Aging an, wird klar, dass hier von sehr langen Reifungszyklen ausgegangen wird. Und auch wenn das für einige Zigarren durchaus stimmen mag und den Aromen zuträglich sein kann, ist diese Art der Nachreifung nicht tauglich für jedermann. Denn das Gros der Aficionados wird kaum die Zeit und vor allem Geduld haben, neu gekaufte Zigarren erst einmal zwei Jahrzehnte einzulagern, bevor diese dann genossen werden können.

Aber: Jede Zigarre ist anders und verfügt über ihre ganz spezielle Tabakmischung, die unterschiedlich auf eine längere Einlagerung reagiert. So entwickeln sich die Aromen einiger Zigarren auch nach einer kürzeren Aging-Dauer von einigen Monaten oder ein oder zwei Jahren merklich. Das ist ein überschaubarer Zeitraum für den Aficionado, der leicht in Eigenregie ausprobiert werden kann.

Zigarren im eigenen Humidor nachreifen lassen – die wichtigsten Faustregeln:

  • Schmeckt eine „frische“ Zigarre bereits hervorragend, dann rauchen Sie sie. Aging macht hier keinen Sinn.
  • Je kräftiger das Aroma einer Zigarre, desto eher kann sich ein Nachreifen lohnen. Das betrifft beispielsweise Zigarren mit einem hohen Anteil an Ligero-Blättern.
  • Gleiches gilt für Zigarren, die einen ammoniakähnlichen oder „stalligen“ Kaltgeruch verströmen. Einlagern!
  • Als klassische Kandidaten für ein „Aging“ gelten kubanische Zigarren. Aber auch kräftige Zigarren aus anderen Ländern können durch eine Nachreifung besser werden.
  • Trick: Suchen Sie nach einem Stempel am Kistenunterboden. Vor allem kubanische aber auch nicaraguanische Hersteller geben hier das Produktionsdatum häufig in Form des „Box Dates“ an. So wissen Sie ganz genau, wie lange die Zigarren bereits reiften, bevor Sie bei Ihnen eintrafen.
  • Wichtig: Die Temperatur sollte beim Langzeit-Aging konstant gehalten werden, auch sollte von oftmaligem Lüften abgesehen werden. Die relative Luftfeuchte ist deutlich geringer als im normalen Humidor. Sie sollte etwa bei 50 – 60 % relativer Luftfeuchte liegen.
  • Wenn schon lange auf den Zigarrengenuss gewartet werden soll, dann soll sich das auch lohnen. Lagern sie ruhig ganze Kisten ein.
  • Vollholz-Kisten (auch bekannt als Cabinet-Kisten) sollten fürs Einlagern verwendet werden, von papierbeschichteten Zigarrenkisten (sogenannte habilitierte Kisten) sollte abgesehen werden. Das Einlegepapier kann Tabakaromen aufnehmen und sich dabei verfärben.
  • Überprüfen Sie die gelagerten Zigarren regelmäßig. Es bietet sich an, alle vier bis sechs Monate eine Zigarre der gelagerten Sorte zu entnehmen und zu rauchen. Machen Sie sich Notizen und beobachten Sie über die Monate die Entwicklung des Aromas. Führen Sie ruhig ein Zigarren-Logbuch.  So finden Sie auch schnell raus, ob eine Reifelagerung Sinn macht und halten persönliche Raucherlebnisse fest.
  • Faustregel wie immer, wenn es um den individuellen Genuss geht: Probieren Sie selbst aus, welche Zigarre Ihnen wie am besten schmeckt.

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    Macht Aging Sinn?

    Das müssen Sie selbst entscheiden. Manche Aficionados schwören auf den Genuss der lange und langsam gereiften Zigarren und wollen diese speziellen Aromen nicht mehr missen. Andrerseits sind Zigarren in der Regel tatsächlich schon vorgereift, bevor sie an den Konsumenten ausgeliefert werden. Das Aging ist in vielen Fällen also eine Art „Upgrade“, das für manch einen vielleicht sinnvoll erscheinen kann, für andere aber reiner überflüssiger Zigarren-Mythos ist und bleibt.

    Aged Zigarren, auf die Sie nicht erst warten müssen

    Wer keine Geduld hat, mehrere Monate auf die „aged“ Zigarren zu warten, oder einfach mal probieren möchte, ob sich das überhaupt lohnt, dem können wir helfen: Denn einige Hersteller lassen besondere Zigarrensorten rollen, die über bereits gereiften Tabak verfügen. Neben den Zigarren, die wir Ihnen hier vorstellen, können Bezeichnungen wie Reserva, Gran Reserva und Limited Edition oft auch einen Hinweis darauf geben, dass es sich um Aged Zigarren oder um Zigarren mit Aged Tabak handelt.

1 Gedanke zu „„Aged Cigars“: Werden Zigarren durch lange Lagerung wirklich besser?“

  1. Toller Artikel. Ich hatte gestern wieder eine frische Kubanische Zigarre geraucht (Ramon Allones S. Selected), welche zu meinen Lieblingszigarren gehört. Das Exemplar war aber ungenießbar. Extrem bitter.

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