IPCPR 2016 Nachbetrachtung: Teil 1 von 3

IPCPR 2016 – Teil 1: Allgemeine Stimmung und US-Markt

Es ist uns bleibt das Zigarrenhighlight schlechthin: Die International Premium Cigar and Pipe Retailers Convention in den USA. Nach den schlechten Besucherzahlen im letzten Jahr in New Orleans, welches zudem mit weitreichenden Rauchverboten pünktlich zur IPCPR aufwartete (bei 35°C und 95% Luftfeuchtigkeit durchaus kein Spaß!), kehrte man dieses Jahr wieder nach Las Vegas zurück. Hier warteten zwar 45°C auf die im deutschen Sommer gestählten Reisenden, aber wenn man es nicht unbedingt darauf anlegte, musste man die Casinos gar nicht erst verlassen. Die Messe war wiederholt im exzellenten Sands Expo untergebracht, welches sind im gleichen Gebäude wie das Venetian und Palazzo befindet. Der allgemeine Treffpunkt ist dabei wie eh und je die im Palazzo befindliche Laguna Bar. Solch einen zentralen Anlaufpunkt suchte man in Louisiana vergebens – manche Veränderungen sind halt einfach nicht gut. Jetzt war man also wieder „zuhause“.

Besucherzahlen und Stimmung

Die Messe selbst war gewohnt riesig, wenn auch nicht sonderlich überlaufen. Die schiere Größe der Messestände allein war jedoch beeindruckend. Allein Drew Estate, die wie immer die lauteste Musik hatten, wirkte so, als könne man mit deren Stand auf der Inter-Tabac eine halbe Halle füllen. Aber der große Zigarrenboom scheint auch hier vorbei zu sein. Zwar gaben im Rahmen einer Cigar Aficionado Befragung rund 73% der Händler an, steigende Zigarrenumsätze zu haben, davon war aber auf der Messe nicht sonderlich viel zu spüren. Aber: Es ist ja nun mal keine Konsumenten-Show, sondern für Fachpublikum. Da zählt das Orderbuch am Ende natürlich mehr, als der reine Besuch, selbst wenn die Besucherzahlen im Vergleich zum „Seuchenjahr“ in New Orleans deutlich gestiegen waren. Hier war das Feedback am letzten Tag bunt gemischt. Während Einige aus dem Rotieren und Schwärmen nicht mehr raus kamen, mischte sich auch ein ehrliches Schulterzucken zwischen den ansonsten ungebremsten amerikanischen Optimismus. Es war also nicht immer alles „awesome“.

Las Vegas Sands Expo mit Palazzo Hotel
Sands Expo mit Palazzo Hotel

 

Das Damokles-Schwert namens FDA

Zur Verteidigung der amerikanischen Zigarrenseele muss man sagen: Er werden harte Zeiten kommen, der US-Regierung sei Dank. Die zuständige Federal Drug and Food Association (kurz FDA) hat ein neues Gesetz auf dem Weg gebracht, das potenziell für Angst und Schrecken, aber zumindest für Kopfschütteln sorgt. Zum einen gibt es bald auch in den USA die bei uns schon lange bekannten Warnhinweise auf den Verpackungen. Zum anderen werden die so beliebten Promotions à la Buy-3-Get-1-Free der Vergangenheit angehören. Das zwingt dem gebeutelten Europäer ja nur ein müdes Lächeln hervor, der wahre Hammer folgt jedoch noch. Die FDA hat sich nämlich auf die Fahne geschrieben, den Konsumenten vor potenziell schädlichen oder suchtfördernden Inhaltsstoffen zu schützen. Dazu müssen alle Tabakprodukte ab dem 8. August 2016 eine strenge lebensmittelchemische Untersuchung in einem FDA-Labor durchlaufen, bevor sie in den USA auf den Markt kommen dürfen. Und das gilt auch für Zigarren. Der Prozess ist dabei noch unklar, es wird aber von Durchlaufzeiten von 2-6 Monaten und Testkosten von 10.000 – 50.000 US$ pro Produkt gemunkelt – und das heißt für jede einzelne Zigarre der Marke und Serie: Jede Robusto, jede Corona muss getrennt getestet werden. Wie bei der US-Gesetzgebung beinahe typisch, werden hier vor allem die großen Konzerne „belohnt“, die sich diese Kosten ohne Probleme leisten können. Die kleinen und neueren Boutique-Anbieter werden es jedoch schwer haben, soviel ist sicher.

Übrigens: Zigarren, die vor dem 8. August auf dem Markt sind, bekommen eine 3-jährige Übergangsfrist zugestanden, in der sie weiterhin verkauft werden dürfen, ohne dass direkt ein Labortest gemacht werden muss. So wundert es nicht, dass gerade die kleinen Marken jetzt fast schon hektisch noch alle Produkte auf den Markt werfen, offiziell über ihren Messestand oder eher im Verborgenen. Die Großen hingegen reagierten mit einer Mischung aus Gelassenheit im Sinne von „Wir machen weiter wie bisher“ oder „Wir halten jetzt die Füße still und harren der Dinge“. Zumal Marken, die vor 2007 im Markt waren sowieso von der Prüfungspflicht befreit sind: Sie können weiter ohne Labortests verkauft werden.

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Überblick über die riesige Messehalle

 

Ein erhobener Zeigefinger für uns alle in Europa

Amerika-typisch wird jetzt natürlich erst mal geklagt, erst kleinere Marken, jetzt die Zigarrenverbände. Der ganze Prozess kann sich also noch Jahre hinziehen und eine finale Regelung ist noch nicht in Sicht. Es zeigt aber einmal mehr, welche Szenarien auch uns hier in Europa drohen können. Die erste „Runde“ namens TPD2 ist an den meisten von uns ja noch glimpflich vorbei gegangen. Auch wir waren mit unserer Aktion unter www.savecigars.org am Kampf gehen eine ungerechte Behandlung aktiv. Denn die FDA-Regelungen richten sich vor allem gegen den Zigarettenkonsum, eine Unterscheidung zwischen Zigarren und Zigaretten wird jedoch nicht(!) gemacht. Das treibt einen echten Keil in die Zigarrenbranche, weil die „Großen“ mit ihren tiefen Taschen sich natürlich auf diese Art der Marktbereinigung freuen und dem Aussterben der kleinen Marken entspannt entgegensehen und auch dem Kampf gegen diese Regelungen fern bleiben.

Übrigens:  Bei uns in Europa ist diese Unterscheidung quasi nur auf den letzten Drücker gemacht worden. Jeder Genussraucher, der diese Vielfalt und Auswahl erhalten möchte, sollte sich bewusst machen, dass auch auf uns noch einiges zukommen kann – vorallem wenn wir nicht zusammenstehen, sondern uns hinter einer „Ach lass mich mit dem Mist in Ruhe, ich möchte doch hier nur in Ruhe rauchen“ Attitüde verschanzen. Umso mehr freuen wir uns, dass uns Reinhold Widmeyer vom Cigar Journal in einem privaten Gespräch nach der IPCPR die erfolgreichen Gründung der Cigar Rights of Europe verkünden konnte. Wir werden Sie damit in Zukunft bestimmt des öfteren damit „nerven“ – versprochen!

Kooperationen sind voll im Trend

Aber es ist ja nicht alles verloren. Eine sehr schöne Entwicklung ist zum Beispiel die Zusammenarbeit über einzelne Zigarrenmarken hinweg. So kooperierte Pete Johnson von Tatuaje mit der Altadis Old School Marke Henry Clay. Aging Room arbeitet ebenfalls mit Altadis an deren Version der Romeo by Romeo y Julieta (aus der Dominikanischen Republik, nicht Kuba!). A.J. Fernandez (San Lotano, New World, Enclave u.a.) hat mit General Cigar eine weitere Version der Hoyo de Monterrey (aus Nicaragua, nicht Kuba!) erschaffen. Rocky Patel macht gemeinsame Sache mit Sindicato, der neuen Marke von Ex-Altadis Manager Jim Colucci. Andre Farkas mit Abraham Flores von PDR und auch noch mit Quesada, die bei uns ja vor allem durch die Casa Magna bekannt sind. Insgesamt eine gute Sache, wie wir finden. Falls einer der Herren mal eine Kooperation mit uns machen möchte, man weiß ja wo wir zu finden sind…

Als Nächstes geht es dann weiter mit Teil 2: Die großen Marken

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General Cigars meets A.J. Fernandez
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FDA – 3 Buchstaben, große Wirkung

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