Poesie zum Wochenende

Hans von Gumppenberg war ein deutscher Dichter und Kabarettist, der sich auf humorvolle Weise poetisch der Zigarre angenähert hat. Über die Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und Zigarre macht er sich in seinem „Zigarrenlied“ von 1913 Gedanken, mit dem wir Sie augenzwinkernd ins Wochenende schicken wollen.

 

Das Zigarrenlied

Ein Couplet

Smoke im Sonnenuntergang

Der Mensch ist wie eine Zigarre,
Gewickelt als Wickelkind,
Sortiert und gepreßt mit viel andern
In ein Titelkistchen geschwind!
Und ist er dann trocken unfraglich
Und gelagert die übliche Frist:
Dann kauft und verpafft ihn behaglich
Ein beliebiger Kapitalist.

Der Mensch ist wie eine Zigarre,
Das Deckblatt entscheidet den Wert:
Ist’s glatt, elegant, appetitlich,
So wird er geliebt und geehrt;
Exemplare mit fehlfarbner Hülle
Bieten oft zwar besondern Genuß –
Doch sind sie für Kenner, für stille,
Und ,pour la noblesse‘ sind sie „Schuß“.

Der Mensch ist wie eine Zigarre,
Befriedigt nicht jeden egal:
Man findet zu stark und zu scharf ihn,
Man schilt ihn zu leicht und zu schal!
Am beliebtesten ist noch die Mischung
Von Tabaken drei, vier oder sechs –
Doch der Kenner, der holt sich Erfrischung
Bei dem einfach reinen Gewächs.

Der Mensch ist wie eine Zigarre,
Er lebt nur, solang er noch glüht,
Solange verlangend tiefinnen
Die Sehnsucht noch zündet und sprüht!
Und muß es ihn zärtlich verzehren,
Dies Glühen so prächtig und rot –
Auf allen Lebensaltären
Loht feuriger, freudiger Tod!

Der Mensch ist wie eine Zigarre,
Kommt manchmal nur mühsam in Zug,
Oft, weil er zu schief ist gewickelt,
Und oft, weil nicht locker genug!
Doch brennt er nun schwach oder feste,
Verknistert er fruh oder spat:
Blauer Dunst ist am Menschen das Beste,
Und Asche das Resultat.

 

Hanns von Gumppenberg  (1866 – 1928)

Schreibe einen Kommentar